J.J. Abrams hat mir die Uhr geklaut

oder warum ich mir (noch) keine Apple Watch zulege.

Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung, heisst es. Und durch das Erscheinen der Apple Watch wurden mir zwei Dinge über mich bestätigt. Ich bin und bleibe eine Apple Fanboy und ich bin ein Snob. Diese Erkenntnis mag jetzt für die Menschen meines Umfelds wenig überraschen, aber man selbst ist doch immer ein wenig überrascht wenn sich die schlimmsten Befürchtungen über die eigene Person bestätigt werden.

Seit dem 24. April gelangt die Apple Watch in die Hände ihrer Besitzer und ich habe in meiner Funktion als ›Early Adopter‹ in der Tat mit dem Gedanken gespielt, mir die erste Generation der Smartwatch aus dem Hause Apple anzuschaffen. Ich hatte bereits das Vergnügen 2007 das erste iPhone und 2010 das erste iPad besitzen zu dürfen. Mit der Apple Watch wollte ich diese Tradition fortführen. Doch als dann im Oktober 2014 herauskam, was der Spaß kosten sollte, nahm ich geistig schon Abstand von dem Vorhaben. Mit einem Startpreis von 400€ liegt die Apple Watch weit über meinen finanziellen Spielräumen. Als ich dann im Apple Store Hannover Gelegenheit bekam die Apple Watch Sports anzuprobieren, wurde mir klar, dass mir die Uhr in dieser Art nicht gefiel. Die Apple Watch gibt es in drei Material Ausführungen: Aluminium (Apple Watch Sport), Edelstahl (Apple Watch) und Gold (Apple Watch Edition) in jeweils zwei Größen (38 und 42mm). Dazu gibt es diverse Armbänder, deren Preise von 49 bis zu mehren tausend Euro reichen können. Die Apple Uhr soll in drei Bereichen brillieren: Sie soll einem die Zeit anzeigen, als Fitness Tracker fungieren und als Erweiterung des (Apple) Telefons Nachrichten aufs Handgelenk zaubern.

All diese Funktionen erfüllt die Apple Watch mit Bravour. Die Verarbeitung der Uhr sucht seines Gleichen. Die Apple Watch ist defacto die beste Smartwatch die es gibt. Doch der Teufel steckt im Detail. Apple selbst weiss nicht so recht, was man mit einem Computer am Handgelenk anfangen soll. Daher stellte die Uhr einen ersten Schuss Apples ins Blaue dar. Mal sehen, was Nutzer und App Entwickler so mit dem Ding anstellen. Daraus wird sich ergeben, ob die Apple Watch ihre eigene Nische im Alltag der Nutzer finden wird, wie es zuvor iPhone und iPad geschafft haben. Für diesen groß angelegten Feldversuch haben in den ersten 30 Minuten der Online-Bestellung allein in den USA bereits 1,5 Millionen Kunden gefunden. Bei meiner Anprobe der Uhr im Apple Store Hannover hat mich vor allem das sogenannte ›Taptic Feedback‹  der Uhr überzeugt. Anstelle nerviger Piepstöne übermittelt die Uhr ihrem Träger die Meldung einer Nachricht über ein leichtes, angenehmes Tippen auf das Handgelenk. Ein für Apple typisches Alleinstellungsmerkmal, dass einem beim ersten Erleben als Nerd schon die Kreditkarte zucken lässt. Doch dann kam bei mir wiedersagt noch hinzu, dass mit die Edelstahl Variante wesentlich besser gefällt als die Aluminium Version (die im übrigen in der schwarzen Space Grey Variante über 80 Prozent der Bestellungen ausmachte). Die Uhr meiner Wahl würde mich also mindestens lockere 700€ kosten. In der Währung der unteren Mittelschicht (die in dem LEGO Film schön mit dem Song ›Everybodys Awesome‹ zusammengefasst wird) zu der ich mich leider zählen muss, entspricht das 233 Caffé Latte, von denen ich in der Regel einen im Monat zu mir nehme. Ich kann also 19 Jahre lang wie gewohnt einmal im Monat einen (überteuerten) Starbucks Kaffee zu mir nehmen, oder das Geld Apple für eine Uhr überweisen, von der es vermutlich Ende diesen, aber spätestens Anfang des nächsten Jahres eine bessere (und dem Kaufverhalten der ersten Uhrenkäufer zu urteilen auch billigere) Version geben wird.

Nope, da bin ich raus. Hinzu kommt, dass der Regisseur des neuen Star Wars Films, J.J. Abrams, genau die Uhr trägt, die ich gerne hätte. (Und für die musste er vermutlich noch nicht einmal etwas an Apple zahlen.) Mir ist dadurch noch einmal bewusst geworden, was ich vom Leben will und was ich vom Leben bekomme. Aus dieser Diskrepanz heraus muss ich daran denken, dass auch die bösen neoliberalen Aliens aus John Carpenters ›They Live - Sie leben‹ schon eine Apple Watch getragen haben, um uns Fussvolk zu knechten. Da kann ich schon aus Prinzip nicht mitmachen. Sorry, Apple.

Christian Heinke

middle aged nerd. writer of thriller & sci-fi novels with short sentences. podcaster. german with california in his heart.

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